Was ist Achtsamkeit?

“Achtsamkeit bedeutet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen. Diese Art der Aufmerksamkeit steigert das Gewahrsein und fördert die Klarheit sowie die Fähigkeit, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren.” Jon Kabat-Zinn, Im Alltag Ruhe finden

Jon Kabat-Zinn ist ein Pionier, der die Achtsamkeit in die westliche Welt gebracht hat und mit dem Kurs “Mindfulness-bases Stress Reduction” (MBSR) in der Stressreduktionsklinik der Universität in Massachusetts einen Goldstandard definiert. Sein kontinuierliches Engagement für Achtsamkeit hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Achtsamkeit in vielen Bereichen unserer heutigen Gesellschaft seit den 80er Jahren an stets wachsender Beliebtheit und Bekanntheit gewonnen hat. Insbesondere die Psychologie und Medizin haben die klinische Nützlichkeit von Achtsamkeit dank fundierten Forschungsergebnissen zum MBSR Kurs anerkannt und setzen Achtsamkeit heute als Werkzeug in der Therapie und Behandlung ein, um den Patientinnen und Patienten mit psychischen und physischen Leiden zu helfen.

Achtsamkeit ist ein wissenschaftlich untersuchtes Konzept in der Psychologie (v.a. klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie und Neurowissenschaften), Medizin (psychosomatische Medizin und Verhaltensmedizin) sowie Erziehungswissenschaften. Aus dem MBSR Kurs sind weitere wissenschaftlich evaluierte Achtsamkeitskurse entstanden, welche in zahlreichen Kontexten angewendet wurden wie zum Beispiel Schule, Arbeitsplatz, Gesundheitssystem, Sport, Gefängnisse, Politik und Militär.

Achtsamkeit ist eine Fähigkeit, die wir lernen können. „Komm und lass diesen Moment mehr sein als eine Lücke zwischen zwei Dingen, mehr als ein Raum wilder Zukunftsgedanken, sondern reichlich Raum, um zu lernen, präsent zu sein. Denn zu lernen, präsent zu sein, ist eine ganz eigene Praxis, ein absichtsvolles, achtsames Leben, die Kunst, nach Hause zu kommen.“ Morgan Harper Nichols

Achtsamkeit ist ein Zustand. Es beschreibt einen Moment, in dem wir den Augenblick als solches wahrnehmen. Das sind diejenigen Momente, in denen wir zum Beispiel gewahr darüber sind, dass wir jetzt gerade die Schuhe zubinden, Zähne putzen, auf einem Stuhl sitzen oder diesen Text lesen. Es ist ein Moment, in dem unsere Gedanken nicht in der Vergangenheit oder Zukunft verweilen, sondern wir wahrnehmen, was jetzt ist. Die Aufmerksamkeit ist ohne Bewertung auf den Moment ausgerichtet.

Achtsamkeit ist ein Persönlichkeitszug. Manche Menschen sind und verhalten sich mehr achtsam als andere über verschiedene Momente im Leben hinweg.

Achtsamkeit ist eine Meditationsform. Manche Menschen stellen sich vor, dass meditieren meint, dass man nichts denken soll. Achtsamkeit sagt jedoch, dass es darum geht, mitzubekommen, was gerade passiert. Wenn Gedanken kommen, geht es in der Achtsamkeit darum sie wahrzunehmen, ohne dass man den Anspruch hat, sie wegschicken zu müssen. In Retreats, Kursen oder individuellen formellen Meditationsübungen kann die Achtsamkeitspraxis vertieft werden. Es geht in der Achtsamkeitspraxis nicht darum, eine Leistung zu performen und Übungen stur für die nächste Leistungserbringung zu wiederholen, sondern es ist viel mehr eine Einladung, sich mit dieser Disziplin zu beschäftigen und die Achtsamkeit in diesem Lebensmoment zu verkörpern.

Die Wurzeln der Achtsamkeit sind alt. Achtsamkeit ist eine 2500 Jahre alte Tradition in der östlichen, eher buddhistisch orientierten, Psychologie. Achtsamkeit kann unabhängig von Alter, Geschlecht, Gesundheit, oder Religion betrachtet werden.

Zusammenfassend kann Achtsamkeit als Werkzeug, Konzept, Fähigkeit, Persönlichkeitseigenschaft, Zustand, Meditationsform oder Tradition angeschaut werden. Die Liste ist nicht abschliessend, aber soll einen Eindruck geben, wie vielfältig Achtsamkeit aufgefasst werden kann.


Quellen

Eine Liste relevanter Forschungsartikel und Bücher zu Achtsamkeit von Jon Kabat-Zinn finden sich auf seiner Webseite:

www.jonkabat-zinn.com/about/jon-kabat-zinn/

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